Phytotherapie in der Pädiatrie: Viel Aufmerksamkeit für ein spannendes Thema

Trotz Schnee, schwierigen Verkehrsverhältnissen und Grippewellen trafen sich fast sechzig Interessierte zum ersten Kurs im Jahr 2013 an der ZHAW in Wädenswil. Phytotherapie in der Pädiatrie war das spannende Thema. Generell gibt es eine grössere Konfusion in offiziellen Texten bezüglich der Anwendung von Phytotherapie bei Kindern, die unabhängig davon in der Praxis oft sehr gut funktioniert, wie etwa Bühring et al in ihrem Buch „Heilpflanzen in der Kinderheilkunde“ schreiben und wovon die Referierenden berichteten. Beat Meier griff gleich zu Beginn einige Punkte auf: Anwendungseinschränkungen in den Patienteninformationen, Alkohol in pflanzlichen Arzneimitteln bei Kindern, unterschiedliche Alterslimiten in der Schweiz bei Präparaten im Vergleich zur ESCOP und zur EMA und die Dosierungsfrage standen im Mittelpunkt. In der Schweiz sind wir in der glücklichen Lage eine ganze Reihe von Fertigarzneimitteln zu haben, die Kinderdosierungen aufweisen. Die SMGP führt auf ihrer Homepage eine von Beatrix Falch gerade wieder aktualisierte Liste (pdf). Bei nicht in dieser Liste enthaltenen Zubereitungen sind Ärztinnen und Ärzte herausgefordert die beste Dosis zu ermitteln. Die grosse therapeutische Breite fast aller pflanzlichen Arzneimittel gibt eine Sicherheit. Anwendungseinschränkungen sind oft indikationsbedingt – die Sorge des Regulators ist die Verschleppung von bedrohlichen Krankheiten. In Ärztehand fällt diese Einschränkung logischerweise weg.
Ursula von Mandach gab in der Folge einen Überblick über die vielen Möglichkeiten der phytotherapeutischen Pflege von Säugling und stillender Mutter, wobei die Haut, die Verdauung und die Ernährung im Vordergrund standen. Die Ringelblume ist eine topisch oft verwendete Pflanze. Allergien spielen eine grosse Rolle. PD Dr Andreas Schapowal rief dazu auf, die Allergien genau abzuklären, damit eine adäquate Therapie und eventuell eine Desensibilisierung mit Pollenextraktend möglich ist. Neben der bekannten Pestwurzzubereitung, die allerdings bisher noch keine Dosierung für Kinder aufweist, bewährt sich in seiner Praxis das Perillöl. Bei Atemwegsinfekten gibt es wenig Unterschiede zwischen Kindern und Erwachsenen in der Phytotherapie – bei atopischer Dermatitis ist die Substitution von Gamma-Linolensäure bei Kindern mit Nachtkerzensamenöl oft erfolgreicher als bei Erwachsenen. Tankred Wegener zeigte auf, wie Kinderdosierungen heute im EU-Raum regulatorisch gehandhabt werden. Nur wenn Daten aus Studien mit dem Produkt vorliegen werden Kinderdosierungen gewährt. Drei, z.T. in der Schweiz erhältliche, Produkte konnten aufzeigen, dass Phytotherapie bei Kindern erfolgreich eingesetzt werden kann. Das gilt auch für Johanniskraut bei Jugendlichen. Reinhard Saller zeigte auf, wie beim Fencheltee grosse Diskussion bezüglich Sicherheit europaweit aufgekommen sind und wieviel es brauchte um zu zeigen, dass einmal aufgestellte Theorien unter Einsatz hoher Dosen der Reinsubstanz Fenchon, die zu erheblichen Teilen im etherischen Öl vorkommt, insgesamt aber in Teezubereitungen weit unter der Dosierung liegt die mehr oder weniger täglich über andere Gewürze und Nahrungsmittelbestandteile aufgenommen werden. Der Metabolismus im Menschen verläuft anders als in den als Testtiere dienenden Nagern, zudem haben zahlreiche Inhaltsstoffe in Fencheltee protektive Eigenschaften. Konklusion: „Den ratsuchenden Konsumenten und Patienten dürfen Fachleute Fencheltee mit zunehmend fundierterem Wissen und gutem Gewissen auch weiterhin empfehlen.“ Wäre ja auch erstaunlich wenn dem nicht so wäre, nachdem fast alle im Raum anwesenden Fencheltee als Kind erhalten haben. Im Mittelmeerraum wird der Fencheltee auch in der Adoleszenz eingesetzt bei Dysmenorrhoe. Neuste Studien zeigen ein positives Bild. Aus Wien hergeflogen kam Frau Dr med Ulrike Kastner um ihre breites Wissen bezüglich Phytotherapie darzustellen. In der St. Annaklinik in Wien arbeitet sie auch in der Praxis mit Phytotherapie. Sie gab viele Tipps mit auf den Weg: Johannisbrotmehl als Antirefluxnahrung, Windsalbe und Kümmelzäpfchen bei Trimenon-Koliken. Viel Aufmerksamkeit fand auch die Karottensuppe nach Moro, die vielen nicht bekannt war, zur Behahndlung von Infektionen im Magen-/Darmtrakt. Neuste Forschungsergebnisse zeigen, dass die Oligosaccharide der Karotte in der Lage sind Bakterien zu adsorbieren und deren Einnistung auf der Darmwand zu verhindern. Mit einer bewusst spontanen Podiumsdiskussion mit Dr Beatrix Falch, Dr Ulrike Kastner und Dr med Florian Davidis endete der Tag, wobei das ADHS schwerpunktmässig zur Diskussion stand. Praktiker Davidis brachte aus ganzheitsmedizinischer Sicht einige spannende Gedanken ein, die insbesondere die Nahrungsaufnahme und die Ergänzung mit Spurenelementen, so z.B. Magnesium in Form des Orotats betrafen. Rasch war der Kurs vorbei und es ging der Hinweis mit auf den Weg nach Hause, dass das Thema Magen-/Darm, nun bei Erwachsenen, im nächsten Kurs am 21. März fortgeführt wird. Dann beginnt bereits der neunte Zyklus im Fähigkeitsprogramm Phytotherapie SMGP. Wir bitten um frühzeitige Anmeldung, damit adäquate Räumlichkeiten wieder organsiert werden können.


Allergien und Kinder: Andreas Schapowal berichtete einmal mehr kompetent, forderte eine klare Diagnosenstellung und gab Tipps zur Phytotherapie

Reinhard Saller berichtete über neueste Literatur zu den Fenchelfrüchten, die als Vielstoffgemisch zu betrachten sind und nicht als Träger von Einzelsubstanzen, die als solche in hoher Dosierung toxische Effekte zeigen

Durch Eis und Schnee aus Wien weit hergereist:

Pädiaterin Ulrike Kästner - kompetent in Wort und Bild

Im abschliessenden Podium berichteten Beatrix Falch, Florian Davids und Ulrike Kästner von ihren Erfahrungen

Bis auf den letzten Platz gefüllt - der Hörsaal an der ZHAW